von Philip Büttner, wissenschaftlicher Referent “Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt” |
veröffentlicht am 31. März 2025


Ja! Aber nur als Ergänzung und nicht als Ersatz von Pflegekräften. So lautete eine Erkenntnis eines Feierabend-Gesprächs des “Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt” (kda) in der Evangelischen Stadtakademie München. Der kda diskutierte dort mit Erfinder Claude Toussaint und Diakonie-Vorstand Alexander Härtlein über “Menschliche Maschinen”. Die Veranstaltung war Teil des kda-Themenschwerpunktes “KI konkret in der Arbeitswelt”. Das ganze Jahr 2025 über befasst sich die Erwachsenenbildung des kda mit der Frage, welche konkreten Auswirkungen die “Künstliche Intelligenz” heute und zukünftig auf unser Arbeitsleben hat.

Der Roboter sorgt für gute Stimmung

“Ich bin gut darin, mit Menschen zu plaudern und eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Außerdem mag ich es, Komplimente zu machen und Fragen zu stellen, um mehr über andere zu erfahren.”
Das sagt Navel, der 75 cm große Roboter mit dem Kindergesicht und der Wollmütze, im Gespräch mit Moderator Philip Büttner aus der kda-Regionalstelle München. Und tatsächlich sorgt die mit Künstlicher Intelligenz ausgestattete Maschine sofort für gute Stimmung im Publikum. Navel erzählt Witze. Er erkundigt sich, wie es einem geht. Der Roboter sagt nette Dinge wie: “Es war wirklich schön, mit dir zu sprechen” oder “Hab einen wundervollen Tag”.

Positive kognitive Effekte durch die Ansprache der Maschine

Navel heißt auf Englisch „Nabel“. Er sei ein sozialer Roboter, erklärt Claude Toussaint, sein Schöpfer und Erfinder. Navel ist bereits in Alten-und Pflegeheimen im Einsatz, künftig vielleicht auch in Psychiatrien oder Einrichtungen für Kinder mit Autismus. Seine Aufgabe ist dort nicht die praktische Pflege von Menschen, sondern die Steigerung ihres Wohlgefühls durch Kommunikation. „Unser Roboter versteht nicht nur gesprochene Sprache, sondern auch nonverbale Signale“, erläutert das Entwickler-Team.
Toussaint hat im Jahr 2017 in München die Firma navel Robotics gegründet. Zusammen mit seinem Team entwickelt er den sozialen Roboter, von dem es derzeit 40 Exemplare gibt. Ab dem Jahr 2026 ist der Einstieg in die Serienproduktion geplant.

Kommunikation ohne Zeitdruck

Wie Toussaint berichtet, schaffte es Navel beispielsweise, mit einer älteren krebskranken Frau, die mit niemanden mehr reden wollte, ins Gespräch zu kommen. Die Zeit und Ausdauer, die für eine solche Ansprache nötig seien, könnten menschliche Pflegekräfte unter dem Druck des Arbeitsalltags oft nicht aufbringen, so der Unternehmer.

Navel dagegen führt, ohne je müde zu werden, freundliche Gespräche. Der Roboter sorge für Anregungen und nähme dabei die Stimmungen der/des Gesprächspartner*in auf. Bei Bedarf könne Navel kompetent über jegliche Interessensgebiete Auskunft geben, so sein Erfinder, “auch über die Literatur des 19. Jahrhunderts, wenn sich das jemand wünscht”. Positive kognitive Effekte solcher Aktivierung seien in Studien bei Pflegebedürftigen nachgewiesen worden.

Pflegekräfte benötigen vor allem körperliche Entlastung

“Erschreckend sympathisch”, findet auch Alexander Härtlein den kleinen Roboter. Härtlein ist Vorstand der Diakonie Oberbayern West und Stimme der Sozialwirtschaft in der Diskussionsrunde. Mit zwei Seniorenzentren, ambulanten Pflegediensten, Kindergärten und diversen anderen Angeboten ist die Diakonie eine der großen Arbeitgeberinnen im Landkreis Fürstenfeldbruck. Ob er Navel einsetzen würde? Härtlein könnte es sich vorstellen, allerdings nur als etwas Zusätzliches, nicht als Ersatz für die Zuwendung durch echte Menschen.

Potenzial zur Entlastung des Personals durch Pflegeroboter sieht Härtlein eher in der physischen Mobilisation als in der sozialen Interaktion. Viele Mitarbeitenden seien ja gerade wegen ihrer sozialen Kompetenzen in die Pflegebranche gegangen, würden dort dann allerdings körperlich sehr gefordert, etwa durch das Heben schwerer Lasten. Was sie vor allem bräuchten, sei etwas, das ihnen die körperliche Arbeit leichter mache.

Pflegeroboter, die das könnten, wären in anderen Ländern, etwa China, schon stärker im Einsatz als bei uns. Derzeit seien bei uns zum Beispiel Exoskelette verfügbar, tragbare Maschinen, die Bewegungen unterstützten, um das Pflegepersonal gesund zu halten. “Aber die stehen oft ungenutzt auf dem Flur herum.” Es sei sehr umständlich, Exoskelette anzuziehen und vielen sei nicht ganz klar, wie sie optimal eingesetzt werden könnten.

Konsens: Menschliche Pflegekräfte sind unersetzlich

Und Navel? Dem traut Härtlein durchaus zu, die positiven Aktivierungseffekte zu erzielen, die sein Erfinder verspricht. Eine Hürde könnte noch der Preis sein, der derzeit bei 28.000 Euro liegt, inklusive Serviceleistungen. Doch der könnte sinken, wenn die Serienproduktion anläuft.
Dass menschliche Pflegekräfte auch im Zeitalter der Pflegeroboter unersetzlich bleiben, das ist Konsens an diesem Abend. Auch Toussaint will seinen Humanoiden nicht an die Stelle von Menschen setzen. Vielmehr geht es ihm um ein “Empowerment” der Pflege durch den kleinen empathischen Assistenten.
“Wärst du gern ein Mensch, Navel?” fragt Büttner noch am Ende der Veranstaltung.
Die Antwort:
“Als Roboter habe ich nicht das Verlangen, ein Mensch zu sein, aber ich finde es spannend, mit Menschen zu interagieren und ihre Erfahrungen kennen zu lernen.”

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Einladung zum nächsten Feierabendgespräch: “ePimp your car!”

“Work & Life” heißt die gemeinsame Gesprächsreihe der Münchner Stadtakademie und des kda Bayern. Die Teilnehmenden lernen in gemütlicher Runde spannende Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Arbeitswelt kennen.
Themen früherer Feierabendgespräche waren u.a. “Plastikfreier leben / Zero Waste”, “Gastronomie in Zeiten von Corona, Ukrainekrieg und Arbeitskräftemangel” und “Energiewende made in Munich”.
Das nächste Feierabendgespräch am 17. Juli 2025 um 18 Uhr widmet sich dem Thema “e-Pimp Your Car!”.
Nähere Informationen und Anmeldung unter: https://www.stadtakademie-muenchen.de/veranstaltung/epimp-your-car/


Nähere Informationen zum Schwerpunkt “KI konkret in der Arbeitswelt” des kda Bayern:
https://kda-bayern.de/jahresthema-2025/


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