von Jens Palkowitsch-Kühl, Referent für digitale Bildung, RPZ Heilsbronn und Koordination E-Learning der ELKB | veröffentlicht am 27. Mai 2024
Selbstlern-Angebote werden beliebter – und benötigen Qualität
Aus den Daten des Nationalen Bildungspanel aus dem Herbst 2023 lässt sich die Relevanz des Bereichs Internet oder über Apps für das Selbstlernen herauslesen (vgl. Abbildung 1). Demnach sind solche Online-Lernangebote, immerhin von einem Drittel der Befragten für private bzw. berufliche Zwecke genutzt, zunehmend beliebter. Ein Grund hierfür mag der einfache Zugang zu diesen Angeboten sein, für den oftmals der Download eine App oder der Login auf einer Homepage ausreicht.

Sicherlich werden diese Formate zukünftig weiter an Bedeutung gewinnen. Diesen Trend haben wir als Kirche erkannt und bauen sukzessive das Angebot mit unseren Partnerinnen und Partnern aus. Vorwiegend landeskirchliche Angebote im Bereich Personalentwicklung, Fort-, und Ausbildung (z.B. zum Datenschutz, Arbeitssicherheit usw.) finden sich so auf der eigenen Lernplattform ELKBLernen, welche vom e-fit-Team der EVHN bereitgestellt wird, für die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bietet das Studienzentrum Josefstal auf ihrer Lernplattform Jugendarbeit.de entsprechende und ansprechende Angebote und für die internationale Arbeit bietet Mission EineWelt mit Mission Learning eine Plattform an. Das Religionspädagogische Zentrum Heilsbronn nutzt die Infrastruktur der ALP-Dillingen.
Bei einer solch heterogenen Lern(plattformenIandschaft mit unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren spielt das Thema Qualität eine besondere Rolle. Je nach didaktischem Ansatz, der zur Verfügung stehenden technischen Infrastruktur, den Kompetenzen der Lehrenden als auch der Erstellenden unterscheiden sich die Kursformate, -inhalte, -organisation und grafische Kursaufbereitung. Die Frage nach einer Standardisierung ist zwar schnell gestellt, aber nur schwerlich zu beantworten: Was sind gute Kriterien für einen guten Kurs? Je nach Perspektive, wird dies wohl unterschiedlich gewichtet betrachtet werden (vgl. Ehlers 2006, 35). So könnte man meinen, dass wir hier keine grundlegenden Kriterien anlegen können – doch ist das wirklich so?
Qualitätsmanagement
Bei der Betrachtung der Qualitätskriterien für E-Learning Produkte ist es notwendig einen Blick auf die allgemeinen Anforderungen des Qualitätsmanagements zu werfen.
“Die Qualitätsmanagement Norm ISO 9001 definiert Qualität als Grad der Erfüllung gegebener Anforderungen.” (Vorest-AG)
Qualitätsmanagement stellt dabei eine systematische und geplante Herangehensweise an die Ermittlung und Erfüllung von Anforderungen der Nutzenden eines Produkts dar. In diesem Sinne, sind E-Learnings ebenso Produkte, die Qualitätsanforderungen (z.B. durch ein Lastenheft) gerecht werden sollten. Im Folgenden möchte ich mit Ihnen mögliche Qualitätskriterien durchgehen, die sich aus den Anforderungen ergeben können.
Qualitätskriterien
Es lassen ich zweifelsfrei keine einheitlichen detaillierten Kriterien erstellen, aber zweifelsfrei lassen sich empiriegeleitete Implikationen ausmachen.
Mindestens vier Kategorien von Kriterien können unterschieden werden: didaktische, technische, organisatorische und evaluative Aspekte.
Didaktische Kriterien
E-Learning sollten dem methodischen und didaktischen wissenschaftsbasierten Qualitätsstandards zeitgemäßen E-Learnings entsprechen. Mindestens sind den entstehenden E-Learnings Ziele des E-Learnings für die Organisation, Ziele bzw. Kompetenzerwartungen des E-Learnings für die Lernenden und messbare Ziele für die Lernenden zu formulieren. Auch sollte dem Gesamtangebot ein lerntheoretischer Ansatz zu Grund liegen, der erkennbar gestaltet ist.
Darüber hinaus können folgende didaktische Aspekte berücksichtigt werden:
Lernendenzentrierung: E-Learning-Angebote sollten auf die Bedürfnisse und Autonomie der Lernenden ausgerichtet sein. Dies bedeutet, dass Lernende aktiv in den Lernprozess eingebunden werden und die Möglichkeit haben, ihre Lernumgebung selbst zu gestalten (Ehlers 2013).
Aktivierung und Unterstützung: Die Lernaufgaben sollten so gestaltet sein, dass sie die Lernenden aktivieren und unterstützen. Dies kann durch interaktive Elemente, praxisnahe Aufgaben und kontinuierliche Betreuung erreicht werden (Czaputa et al. 2010).
Technische Kriterien
Die Plattformen und Autorentools bieten den technischen Rahmen, in welchem das E-Learning eingebettet wird. Hier gilt es so weit wie möglich Standards zu nutzen, um keine Abhängigkeit zu einer Plattform oder einem Autorentool entsteht. Das hat den Vorteil, dass andere die Inhalte übernehmen und verändern können. Es biete sich an gleich zu Beginn zu prüfen inwiefern das fertige Produkt, also der Kurs, und dessen Inhalte sich am OER(Open Educational Ressource)-Standard orientieren.
Standards und Interoperabilität: E-Learning-Inhalte sollten nach anerkannten Standards wie SCORM, xAPI oder cmi5 erstellt werden, um die Kompatibilität und Wiederverwendbarkeit der Inhalte zu gewährleisten. (e-teaching.org)
Plattformunabhängigkeit: Die Lerninhalte sollten auf verschiedenen Geräten und Plattformen zugänglich sein, um eine flexible Nutzung zu ermöglichen. Hier gilt es, wenn möglich, browserunabhängig und mobil zu denken.
Datensicherheit und Datenschutz: Der Schutz der persönlichen Daten der Lernenden muss gewährleistet sein, insbesondere bei der Nutzung von Learning Analytics und anderen datengestützten Methoden. Hier muss besonders die DSG-EKD berücksichtig werden.
Inklusive Designs: E-Learnings sollten auf unterschiedliche Bedürfnisgruppen ausgelegt sein und Möglichkeiten bieten auch Personen mit psychischen und physischen Einschränkungen am Learning teilzuhaben. Der Aspekt ist sowohl von technischer, als auch didaktischer Natur.
Organisatorische Kriterien
Das beste E-Learning-Portal ist unnütz, wenn es nicht mit Qualitätsmaterial angereichert wird und die E-Learnings nicht aufrufbar, veraltet oder fehlerhaft sind. Daher ist es wichtig, dass bevor Angebote geschaffen werden, diese in die Organisationsstruktur und -kultur eingebettet werden.
Qualifikation der Lehrenden bzw. Erstellenden: Die Lehrenden sollten über die notwendigen didaktischen und technischen Kompetenzen verfügen, um E-Learning-Angebote effektiv zu gestalten und zu betreuen. Sie sollten darüber hinaus bezüglich der jeweiligen Thematik Experte bzw. Expertin sein oder sich valide Expertise für das Thema einholen.
Support und Betreuung: Es sollte eine kontinuierliche Unterstützung und Betreuung der Lernenden durch Tutoren oder technische Support-Teams gewährleistet sein.
Ressourcen und Infrastruktur: Eine zuverlässige technische Infrastruktur und ausreichende Ressourcen sind notwendig, um einen reibungslosen Ablauf der E-Learning-Angebote zu gewährleisten.
Evaluative Kriterien
Erst am Ende sieht man, inwiefern das E-Learning-Angebot für die jeweilige Zielgruppe passend gestaltet wurde. Daher ist Evaluation ein wesentliches Qualitätskriterium eines jeglichen E-Learning-Angebots.
Evaluation und Feedback: Regelmäßige Evaluationen und Feedbackmechanismen sind entscheidend, um die Qualität der E-Learning-Angebote kontinuierlich zu verbessern. Dies kann durch Umfragen, Tests und andere Evaluationsmethoden erfolgen (vgl. Ehlers 2005).
Qualitätssicherung: Es sollten klare Verfahren zur Qualitätssicherung etabliert sein, die sowohl die Inhalte als auch die didaktischen Methoden und die technische Umsetzung betreffen (vgl. Ehlers 2013)
Lernerfolgskontrolle: Die Lernerfolge sollten messbar sein, um den Lernfortschritt der Teilnehmenden zu identifizieren und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.
Label, Zertifizierungen und Awards
Auch im Bereich des E-Learnings besteht die Möglichkeit Qualitätslabels einzuführen und ggf. Zertifizierungen von Lernangeboten auf Basis eines spezifischen Qualitätsrasters anzubieten. So etwa bei der TU Darmstadt.
Auch das “Bepreisen” eines Formats kann eine Möglichkeit sein, um die Qualität hervorzuheben, wie dies etwa mit dem Comenius-EduMedia-Award unternommen wird. Die Qualitätskriterien lassen sich hier einsehen.
Zusammenfassung
Gute E-Learnings orientieren sich immer am Bedarf der Nutzerinnen und Nutzer im Wechselspiel mit den Anforderungen der Auftraggeberinnen und Auftraggeber. Gemeinsam werden die Kriterien festgelegt und gewichtet. Besonders wichtig ist es eine möglichst große Transparenz für die Lernenden zu schaffen, indem das E-Learning und seine Arbeitsweise aufgezeigt werden: Lernziele, Methoden, Didaktik, Medien und technische Voraussetzungen.
Literaturvorschläge
Sindler et al. (Hrsg.): Qualitätssicherung im E-Learning, 2006.
Arnold et al.: Handbuch E-Learning – Lehren und Lernen mit digitalen Medien, 2018.
e-teaching.org: https://www.e-teaching.org/projekt/nachhaltigkeit/qualitaet, 2022.
Der Artikel wurde mit Unterstützung der perplexity.ai erstellt.
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