von Jens Palkowitsch-Kühl, Referent für digitale Bildung, RPZ Heilsbronn | veröffentlicht am 21. August 2023
Digitale Spiele: Spielen am Computer, (mobilen) Spielekonsolen oder dem Smartphone
Mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Bewohner*innen der Bundesrepublik Deutschland spielen am Computer, (mobilen) Spielekonsolen oder dem Smartphone. Dabei spielt das Geschlecht keine Rolle. Besonders das mobile Spielen ist beliebt: 9 von 10 Gamer*innen (89 Prozent) unter 50 Jahren spielen laut einer Studie der Bitkom aus dem Jahr 2022 mit dem Smartphone. Es gilt der Grundsatz: je jünger, desto mehr erfreuen sich die Menschen an den digitalen Spielen. Aber auch im Altersspektrum von 50 bis 64 finden sich 54 Prozent bzw. bei den Ü65-Jährigen 18 Prozent Gamer*innen, die zumindest hin und wieder Video- oder Computerspiele spielen (Bitkom Research 2022).
Die Spielebranche ist dabei keine Nische – allein in Deutschland im Jahr 2022 lag der Umsatz bei 5,5 Milliarden Euro für Software und bei 3,5 Milliarden Euro für Hardware. Zum Vergleich: „Allein für die Spielwährung und Mikrotransaktionen in Apps, PC- und Konsolenspielen haben Deutschlands Verbraucher im Jahr 2022 mehr ausgegeben als für Musik-Streaming und Kino-Tickets zusammengerechnet – nämlich fast 4,5 Milliarden €.“ (Games Wirtschaft 2023).
Weltweit gesehen, stellen Videospiele das lukrativste Unterhaltungsmedium vor Büchern (120,1 Mrd. US-Dollar), Film & Serien (99,7 Mrd. US-Dollar) und Musik (25,9 Mrd. US-Dollar) mit einem geschätzten weltweiten Jahresumsatz von etwa 192,7 Milliarden US-Dollar dar (Statista 2021).
Digitale Spiele: Freude und Zerstreuung
Das Spielen bereitet den meisten Gamer*innen in erster Linie Spaß (77 Prozent). Aber auch der Zeitvertreib (66 Prozent), Zeit mit anderen verbringen (49 Prozent ), die Ablenkung (44 Prozent ) und die Entspannung (35 Prozent ) sind Gründe, sich vor die Konsole zu setzen (Biktom Research 2022). Dabei sind vor allem Casual Games (78 Prozent ) (= Gelegenheitsspiele, Spiele mit besonders leichter Zugänglichkeit), Strategie-/Management-/Aufbauspiele (69 Prozent ) und Social-/Messenger-Games (64 Prozent ) beliebt.
Laut der JIM-Studie 2022 sind Minecraft, FIFA und Fortnite die Lieblingsspiele der 12- bis 19-Jährigen (JIM-Studie 2022, 52).
Digitale Spiele religions- und gemeindepädagogisch betrachtet
Der Mensch ist ein „homo ludens“ (Huizinga 1938), der seine kulturellen Fähigkeiten vor allem über das Spielen entwickelt. Dabei entdeckt er im Spiel seine individuellen Eigenschaften. Die Erfahrungen, die er im Spiel macht, tragen zu seiner Persönlichkeitsentwicklung bei. So wie biblische Erzählungen uns Kulisse, Handlung und Raum geben, uns mit den Protagonist*innen zu identifizieren, zu vergleichen oder auf Distanz zu gehen, geben einige digitale Spiele die Möglichkeit des Perspektivwechsels, des sich Hineinfühlens und Nachspürens neuer Situationen oder bekannter Situationen in neuem Gewand. Neben der inhaltlichen Dimension (Digitale Spiele als gesellschaftliches Kulturgut) weist der Umgang mit digitalen Spielen weitere Kompetenzbereiche aus, die v.a. im Bereich der Sozialkompetenzen liegen. 46 Prozent der Befragten der Bitkom-Studie (2022) führten an, dass durch Video- und Computerspiele wichtige Fähigkeiten für das reale Leben erlernt werden.
Im pädagogischen Setting können ethische Dimensionen des digitalen Spiels herausgearbeitet werden, welche u.a. Krieg und Frieden thematisieren, Vielfalt aufzeigen und Geschlechtersterotypen durchbrechen. Darüber hinaus können Medien- und Sozialkompetenzen (z.B. Soziales Miteinander, Fair Play) eingeübt werden.
Ideenschmiede
Für die gemeindepädagogische bzw. religionspädagogische Praxis bieten sich zahlreiche Projekte mit, über und in digitale(n) Spiele(n) an:
- virtuelle Treffen (z.B. mit spirituellen Impulsen) etwa in spatial
- soziales FIFA-Turnier bzw. Mario Kart-Rennen (Stiftung digitale Spielekultur 2019, 19)
- Kirchen in virtuelle Welten gemeinschaftlich bauen, z.B. in Minecraft (Ebiblog)
- Gestaltung und Spielen digitaler Escape Games, z.B. relibreakout.
- digitale Schnitzeljagd mit Actionbound (z.B. Jesus in Aschaffenburg).
Die Beispiele zeigen unterschiedliche Herangehensweisen an das Thema digitale Spiele, die sich teilweise auch überlagern. Zum einen können Teamer*innen den kreativen Gestaltungsspielraum digitaler Spielewelten und -mechaniken nutzen, um selbst mediengestaltend tätig zu werden, indem sie beispielsweise eine digitale Schnitzeljagd oder ein Escape Game erstellen. Andererseits können gesellschaftliche und religiöse Themen aufgegriffen werden, wenn diese zum Inhalt digitaler Spiele werden, wie etwa im Konsumkrimi von Mission EineWelt und Jesus Exhibition von der EMZ, Uni Würzburg, Evangelische Schulstiftung Bayern und Mission EineWelt. Schließlich kann ein Eventz wie ein Turnier, Gemeinschaft stiften und Sozialkompetenzen ausbauen.
Probier´ es doch einmal selbst aus und lass dich auf die Welten digitaler Spiele ein: in Gemeinde oder im Religionsunterricht. Ideen und Fortbildungen erhältst du bei uns am RPZ Heilsbronn u.a. im relilab oder weiteren Bildungsangeboten.
Quellen
Klicksafe: https://www.klicksafe.de/digitale-spiele
Bitkom Research 2022: https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Gaming-Trends-2022
Games Wirtschaft 2023: https://www.gameswirtschaft.de/wirtschaft/games-umsatz-2022-deutschland-vergleich/
Statista 2021: https://de.statista.com/infografik/28970/geschaetzter-weltweiter-jahresumsatz-mit-videospielen-buechern-film-serie-musik/
Stiftung digitale Spielekultur (2019): https://www.stiftung-digitale-spielekultur.de/app/uploads/2020/01/Bildung_neu_gestalten_mit_Games-web-einzeln-27.06.19.pdf
relibreakout 2023: https://breakout.rpz-heilsbronn.de
Weiterführende Literatur
Palkowitsch-Kühl, Jens (2022): Digital Games im Unterricht: Eintauchen in eine andere Welt. In: Die Eule.
Palkowitsch-Kühl, Jens (2021): Bildung im virtuellen Raum. Drei Beispiele aus der Evangelischen Jugend. In: Praxis Gemeindepädagogik. Kirche als Bildungspartnerin, Nr. 3, 34-35.
Palkowitsch-Kühl, Jens (2018): Im Paradies der Spiele. Computerspiele zwischen Palmen, Sand und Flammen. In: Zeitzeichen, Nr. 8, 35 – 37.
Palkowitsch-Kühl, Jens (2017): Art. Digitale Spiele. In: Das wissenschaftlich-religionspädagogische Lexikon (www.wirelex.de), abrufbar unter: https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/100277/
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