von Christian Pfliegel, E-Learning-Entwicklung, Mission EineWelt

Sie war drauf und dran, der Star des Öko-Business zu werden, doch jetzt ist Nora Grün verschwunden …

So beginnt der interaktive Konsumkrimi, der von mir und Mission EineWelt für die entwicklungspolitische Bildungsarbeit entwickelt wurde und auf den Prinzipien von Gamification aufbaut. Während es in meinem ersten Beitrag zu Gamification um die Grundlagen ging, sollen nun die Prinzipien anhand von Praxisbeispiels aus dem Konsumkrimi und aus Moodle vertieft und veranschaulicht werden.

Rückblick: Definition von Gamification

Im Gegensatz zu Lernspielen geht es bei Gamification „um die gezielte Nutzbarmachung von Spielmechanismen, um die Motivation von Menschen zu wecken und sie zu bestimmten Verhalten zu animieren, in Umgebungen, die an sich keine Spiele sind“.1 Es geht also darum, Spiel-Design-Elemente mit dem Ziel in Lehrumgebungen zu implementieren, die Motivation der Teilnehmer*innen zu erhöhen.

Das ARCS-Modell von Keller

Eine der bekanntesten Theorien zur Einbindung motivierender Faktoren ist das ARCS-Modell von John Keller aus dem Jahr 1987. Dieses Modell beschreibt insgesamt vier Dimensionen der Motivation:2

Attention: Aufmerksamkeit

Relevance: Relevanz

Confidence: Zuversicht

Satisfaction: Zufriedenheit

Diese Prinzipien werden bei unserem Konsumkrimi genutzt, um Spiel-Design-Elemente zu implementieren, die für das Erreichen der Lehrziele hilfreich sind.

Aufmerksamkeit: Durch eine spannende Geschichte zu Beginn wird die Aufmerksamkeit der Teilnehmer*innen geweckt. Durch Punkte und Wettbewerb wird diese über die Dauer der Lehrveranstaltung aufrechterhalten. Diese beiden Spielmechanismen sind geeignet, Kompetenz- und Autonomieerleben sowie das Gefühl der sozialen Eingebundenheit zu fördern.

Intro-Video des Konsumkrimis

Relevanz: Es kann davon ausgegangen werden, dass ein Großteil der Zielgruppe des Konsumkrimis (7. Klasse und älter) ein Smartphone besitzt, so dass das Thema eine lebensweltliche Relevanz hat.

Zuversicht und Zufriedenheit: Beides wird dadurch erreicht, dass die Aufgaben und Rätsel nicht zu schwierig und nicht zu leicht sind. Die Verwendung digitaler Techniken bietet hier einen großen Vorteil im Vergleich zu analogen Materialien: Digitale Angebote können besser skaliert, d. h. auf verschiedene Nutzer*innen angepasst werden. Auch Joker sind möglich, die zum Beispiel nach Ablauf einer gewissen Zeit automatisch eingeblendet werden können. Beides trägt dazu bei, dass die Motivation der Teilnehmenden hoch bleibt.

Gamification in Moodle ohne spezielle Plugins

Gamification in Moodle ohne spezielle Plugins kann durch verschiedene Ansätze erreicht werden. Im Folgenden werden ein paar Ideen vorgestellt, der Kreativität sind dabei jedoch (fast) keine Grenzen gesetzt.

Direktverlinkung mit QR-Codes

Eine Direktverlinkung von Inhalten per QR-Code ist ein sehr einfacher Ansatz, der viele Vorteile bietet:

(Digitale) Inhalte können auf diese Art und Weise den Schüler*innen direkt zugänglich gemacht werden, beispielsweise auch im Klassenzimmer und im Zusammenspiel mit physischen Arbeitsblättern.

Alle Arten von Medien (Text, Videos, Audiodateien) können direkt angeboten werden.

Das Erstellen der Links ist sehr einfach.

Manche gamifizierte Ansätze müssen in einer bestimmten Reihenfolge bearbeitet werden. Auch dies ist mit QR-Codes schnell umsetzbar, indem die Codes mit Nummern versehen werden. Auch Hilfestellungen und Binnendifferenzierungen können mithilfe der Codes leicht umgesetzt werden, ebenso wie die weiter oben angesprochenen „Joker-Codes“.

Ein Ausdruck mit QR-Codes kann beispielsweise folgendermaßen aussehen:

Ausdruck mit nummerierten QR-Codes. CC BY-SA Christian Pfliegel
Exkurs: QR-Codes erstellen

QR-Codes von Links können sehr leicht und schnell erstellt werden: Entweder über bestimmte Webseiten (einfach in einer Suchmaschine nach „QR Code Generator“ suchen) oder alternativ ein Browser-Plugin installieren, das QR-Codes direkt dort erstellt.

Plugin URL to QR-Code. CC BY-SA Christian Pfliegel

Die Abbildung zeigt das Plugin „URL to QR-Code“ für den Browser Firefox. Ähnliche Plugins sind für alle Browser kostenlos verfügbar. Der QR-Code kann per Rechtsklick auf dem eigenen Rechner gespeichert und dann auf Arbeitsblättern oder QR-Code-Tafeln eingefügt werden.

Codes als Anschreibeschlüssel

Teilnehmer*innen können auf verschiedene Arten in einen Moodle-Kurs eingeschrieben werden: Entweder klassisch durch die Lehrkraft, als Gast oder mit einem sog. Einschreibeschlüssel in einer
manuellen Einschreibung.

Selbsteinschreibung in Moodle. CC BY-SA Christian Pfliegel

Ein Einschreibeschlüssel ist ein Passwort, das notwendig ist, um sich in einen Kurs einzuschreiben. Diese Methode kann gut für ein gamifiziertes Lernsetting genutzt werden. Die verschiedenen
Inhalte sind jeweils in einem eigenen Moodle-Kurs hinterlegt, die Teilnehmer*innen erspielen sich
den Einschreibeschlüssel für den nächsten Abschnitt.

Einen Kurs mit einem Einschreibeschlüssel anlegen

Vorbemerkung: Damit ein Kurs mit der Einschreibemethode „Manuelle Einschreibung“ angelegt werden kann, muss dies in der Moodle-Systemadministration eingeschaltet werden. Diese Einstellung findet sich unter dem Punkt: Website-Administration ⇒ Plugins ⇒ Einschreibung ⇒ Übersicht.

Das Augensymbol darf nicht durchgestrichen sein!

Den Kurs anlegen: Für jede „Station“ wird ein eigener Kurs angelegt.

Einschreibemethode „Manuelle Einschreibung“ aktivieren.

Hierzu muss auf die Teilnehmer*innen-Liste geklickt (linke Spalte), dort rechts auf das Zahnrad

und dann „Einschreibemethoden“ ausgewählt werden:

Moodle-Einstellung Einschreibemethoden. CC BY-SA Christian Pfliegel

Dort muss zunächst die Methode Selbsteinschreibung erst mit einem Klick auf das Auge aktiviert und danach auf das Zahnrad-Symbol geklickt werden:

Moodle: Selbsteinschreibung aktivieren. CC BY-SA Christian Pfliegel

Im nun geöffneten Fenster kann der Einschreibeschlüssel, der später von den Teilnehmer*innen freigespielt werden muss, eingegeben werden:

Moodle: Einschreibeschlüssel festlegen. CC BY-SA Christian Pfliegel

Die Einstellungen werden mit Speichern abgeschlossen und der neue Kurs nun mit Inhalten befüllt.

Die Kurse verbinden

Anschließend müssen die einzelnen Kurse noch verknüpft werden. Eine einfache Möglichkeit ist es, den Link zur nächsten Station als Abschluss der vorangegangenen Station anzulegen. Der Link kann zum Beispiel durch die Einstellung „Aktivitätsabschluss“ so lange verborgen bleiben, bis eine bestimmte Aufgabeerledigt ist (siehe hierzu auch weiter unten den Punkt „Aktivitätsabschluss“).

Tipp aus der Praxis: Der Einschreibeschlüssel kann auch aus mehreren Zahlen bestehen. Eine gute Möglichkeit, diese den Schüler*innen zukommen zu lassen, ist die Feedback-Funktion in der Aktivität H5P. Die Schüler*innen bearbeiten mehrere H5P-Aktivitäten, wobei jeweils eine Zahl als Feedback erhalten. Alle Zahlen zusammen ergeben dann den Einschreibeschlüssel für das nächste Kapitel.

Konsumkrimi: Wo ist Nora Grün?

Mit dem Konsumkrimi wird gezeigt, dass auch komplexere gamifizierte Lernsettings mit Moodle umsetzbar sind. Ziel des Spiels ist es, dass die Schüler*innen erkennen, welche Folgen die Nutzung von Smartphones weltweit hat. Die Schüler*innen arbeiten sich anhand von QR-Codes durch verschiedene Rätsel und Aufgabenstellungen, um das Verschwinden von Nora Grün, einer Unternehmerin, die ein faires Smartphone auf den Markt bringen wollte, zu klären. Ausgangspunkt und Basis ist eine Weltkarte sowie der Ausdruck mit nummerierten QR-Codes. Gesteuert wird der Ablauf der Geschichte durch direkte Links auf Inhalte (überwiegend umgesetzt mit H5P), die in einem Moodle-Kurs bereitgestellt werden. Am
Ende jeder Aufgabe erspielen sich die Schüler*innen den nächsten QR-Code.

Screenshot aus dem Konsumkrimi

Für die Aufgaben werden die zahlreichen Möglichkeiten genutzt, die Moodle für die Bereitstellung interaktiver multimedialer Inhalte bietet, als interaktive Aufgabe, Textanweisungen oder
Audio.

Screenshot aus dem Konsumkrimi

Auch die Möglichkeit, per Einschreibeschlüssel durch verschiedene Kurse zu navigieren, kommt zum Einsatz:

Screenshot aus dem Konsumkrimi

Der Screenshot zeigt, wie die Methode mit dem Einschreibeschlüssel genutzt werden kann, um Zwischenergebnisse abzufragen, die verhindern, dass die Schüler*innen zwischendrin den Faden verlieren.

Weitere Infos zum Konsumkrimi von Mission EineWelt

Weitere Informationen zum Konsumkrimi finden sich hier. Dort kann er auch ausgeliehen werden, ebenso können auch Workshops gebucht werden. Während der Corona-Zeit ist auch eine rein digitale Version entstanden, die hier gespielt werden kann.


Lizenz

Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international Lizenz. Weitere Informationen finden Sie unter https://creativecommons.org/licenses/bysa/4.0/. Materialien aus anderen Quellen sind klar kenntlich gemacht und unterliegen unter Umständen einer anderen Lizenz!

Die Lizenz soll bei Weiterverwendung wie folgt genannt werden: CC BY SA 4.0 Christian Pfliegel

Literatur

Keller, J. (1987). Development and Use of the ARCS Model of Motivational Design. Journal of Instructional Development, 10(3).

Stampfl, N. S. (2012): Die verspielte Gesellschaft. Gamification oder Leben im Zeitalter des Computerspiels. Heise Zeitschriften Verlag.

Fußnoten

1 Stampfl, N. S. (2012): Die verspielte Gesellschaft. Gamification oder Leben im Zeitalter des Computerspiels. Heise Zeitschriften Verlag.

2 Keller, J. (1987). Development and Use of the ARCS Model of Motivational Design. Journal of Instructional Development, 10(3), S. 2-10.


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